Alles, was Sie zum Thema Patientenverfügung wissen müssen.


Patientenverfügungen spielen eine entscheidende Rolle für die Selbstbestimmung von Patienten in der Schweiz. Sie ermöglichen es volljährigen und urteilsfähigen Menschen, ihre persönlichen Wünsche und Vorstellungen in medizinischen Entscheidungen zu berücksichtigen und sicherzustellen, dass diese auch dann respektiert werden, wenn sie selbst nicht mehr in der Lage sind, ihren Willen zu äussern. Doch das Institut der Patientenverfügung steht in einem Spannungsverhältnis zwischen der Autonomie des urteilsfähigen Menschen und dem Schutz des zukünftigen urteilsunfähigen, kranken oder verunfallten Patienten vor seinen, meist im Zustand guter Gesundheit festgelegten, möglicherweise uninformiert oder übereilt getroffenen Anordnungen.

Erstellen einer Patientenverfügung

Was ist eine Patientenverfügung und welchem Zweck dient sie

Grundsätzlich ist eine Patientenverfügung ein schriftliches Dokument, in dem eine Person im Voraus festlegt, welche medizinischen Behandlungen sie wünscht oder ablehnt, falls sie selbst nicht mehr in der Lage ist, wegen Unfall, Krankheit oder altersbedingt diese Entscheidungen zu treffen. Der Zweck einer solchen Verfügung besteht darin, die Autonomie und Selbstbestimmung des Patienten zu wahren und sicherzustellen, dass seine persönlichen Vorstellungen  respektiert werden. Das seit 2013 in Kraft stehende revidierte Erwachsenenschutzrecht enthält ausdrücklich das Rechtsinstitut der Patientenverfügung. Die Einführung des Instituts der Patientenverfügung ergab sich aus der in der modernen Medizin immer aktuelleren Frage, wie weit die ärztliche Behandlungspflicht geht und ob ein terminal erkrankter Mensch die Anwendung lebenserhaltender Massnahmen verweigern oder sogar die aktive Lebensbeendigung durch den Arzt verlangen kann. Der Begriff «Patientenver-fügung» stammt aus dem angloamerikanischen Raum, wo entsprechende Dokumente als «living will» oder «directive to physicians» bezeichnet werden.

Rechtliche Grundlage in der Schweiz

Heute sind für die ganze Schweiz Patientenverfügungen unterschiedslos geregelt (ZGB Art. 370 – 373). Da die Fragen, die sich im Zusammenhang mit der Patientenverfügung stellen, komplex und von grosser Tragweite sind, lag es im Interesse der Bevölkerung und des medizinischen Personals, die Gültigkeitsvoraussetzungen und Verbindlichkeit gesamtschweizerisch einheitlich und transparent zu regeln und frühere, vereinzelt bestehende kantonale Regelung wurden mit der Einführung des neuen Erwachsenenschutz-Gesetz aufgehoben. Die Bestimmungen von ZGB Art. 370 – 373 legen die Voraussetzungen für die Gültigkeit einer Verfügung fest. So muss die Person urteilsfähig sein und die Verfügung muss schriftlich verfasst, datiert und eigenhändig unterschrieben sein. Zudem sollte die Verfügung regelmäßig (d.h. alle 2-5 Jahre) überprüft und gegebenenfalls aktualisiert werden, um sicherzustellen, dass sie den aktuellen Lebensumständen und Vorstellungen des Patienten entspricht. Es ist Sache der verfügenden Person, die Patientenverfügung den möglichen Adressaten zur Kenntnis zu bringen. In diesem Zusammenhang spielt der Aufbewahrungsort der Patientenverfügung eine wesentliche Rolle. Mit der zunehmenden Nutzung des elektronischen Patientendossier (EPD) ist die Hinterlegung der Patientenverfügung im EPD sehr empfehlenswert. Dazu sollte ein Hinweis im persönlichen mobilen Telefon oder die Hinterlegung einer Hinweiskarte mit der Angabe des Hinterlegungsortes im Portemonnaie zum Standard der persönlichen Vorsorge gehören.

Inhalt und Umfang von Patientenverfügungen

Eine Patientenverfügung kann verschiedene Aspekte regeln, wie beispielsweise lebensverlängernde Massnahmen, Schmerztherapie, künstliche Ernährung und das Einverständnis oder die Ablehnung von  Organspenden. Es besteht die Möglichkeit, konkrete Anweisungen zu geben und allgemeine Wertvorstellungen festzulegen. Wichtig ist, dass die Verfügung klar und verständlich formuliert ist, um Missverständnisse zu vermeiden. Verschiedene Patientenorganisationen und Fachorganisa-tionen wie z.B. FMH in Zusammenarbeit mit der Schweizerischen Akademie der Medizinischen Wissenschaften (SAMW) haben Vorlagen für eine Patientenverfügung ausgearbeitet. Da es sich aber bei der Patientenverfügung um eine komplexe und höchstpersönliche Verfügung im Rechts-verkehr handelt, die u.U. auslegungsbedürftig ist, empfiehlt es sich jedenfalls ein persönliches Beratungsgespräch mit einem im Medizinrecht bewanderten Juristen oder einem medizinrechtlich kundigen Arzt in Anspruch zu nehmen. Wir helfen Ihnen gerne dabei, die Patientenverfügung aufzusetzen – vereinbaren Sie hier eine Erstberatung.

Umsetzung und Durchsetzung von Patientenverfügungen – kritische Aspekte und Probleme

Im Ernstfall wird die Patientenverfügung von den behandelnden Ärzten umgesetzt. Damit diese aber überhaupt zum Tragen kommen kann, ist es wichtig, dass die Verfügung leicht zugänglich ist und den Ärzten rechtzeitig vorgelegt wird. Die behandelnden Ärzte sind verpflichtet, die Verfügung zu respektieren, sofern sie den gesetzlichen Anforderungen entspricht. Doch trotz spezifischer, rechtlicher Grundlagen und der Bedeutung von Patientenverfügungen können verschiedene Probleme auftreten. Es mag Umstände und Orte geben, bei denen Ärzte möglicherweise nicht ausreichend über die rechtlichen Bestimmungen informiert sind. Oder es mag Situationen geben, bei denen Bedenken hinsichtlich der Umsetzung bestimmter Anweisungen aufkommen – öfters aufgrund ethischer Fragen, wie beispielsweise dem eingangs erwähnten Spannungsverhältnis zwischen dem Recht auf Selbstbestimmung und dem Schutz des Lebens. Es empfiehlt sich daher eine natürliche Vertrauensperson zu bezeichnen, welche die verfügende Person im Falle deren Urteilsunfähigkeit gegenüber dem medizinischen Personal vertritt und in ihrem Namen entscheidet.

Ist keine solche Vertretung errichtet worden, sind die behandelnden Ärzte bei Unklarheiten und allfälligen Unstimmigkeiten gehalten, neben dem Dokument selbst auch sämtliche weitere Tatsachen, welche die Vorstellungswelt der Patientin näher zu erklären vermögen, sowie mündliche Äusserungen und Wertüberzeugung zu berücksichtigen.

Fazit

Patientenverfügungen sind auch in der Schweiz ein wichtiges Instrument, um die Selbstbestimmung von Patienten in zu gewährleisten. Sie ermöglichen es Menschen, ihre persönlichen Wertüber-zeugungen in Bezug auf medizinischen Massnahmen im Falle ihrer Urteilsunfähigkeit auszudrücken und im Einzelnen festzulegen welchen medizinischen Interventionen sie bei Verlust ihrer Urteilsfähigkeit zustimmen oder nicht zustimmten. Bei Fragen zur Patientenverfügung helfen wir Ihnen gerne weiter. Vereinbaren Sie jetzt einen Beratungstermin.